Demokratie mit Zukunft: Häuser der Demokratie

Sonne, Sonnenaufgang, Feld, Kabine, Haus, Hütte, Morgen

DIE HERAUSFORDERUNG

Demokratie braucht Diskussion und Verständigung. Demokratie braucht Begegnung und Kommunikation. Begegnung und Kommunikation brauchen einen Ort.

In der modernen, repräsentativen Demokratie ist der zentrale Ort zur Diskussion von Politik das Parlament. Damit aber alle Bürgerinnen und Bürger – und nicht nur ihre gewählten Repräsentanten – an politischen Debatten teilhaben können, braucht es etwas mehr – eine politische Öffentlichkeit.

Je mehr Menschen allerdings gemeinsam über Politik diskutieren wollen, desto komplizierter wird es. Debattiert wird dann fast zwangsläufig an Orten, die von den eigentlichen Problemen und den durch sie Betroffenen weit weg sind – z.B. in Fernsehstudios oder in den Blasen der sogenannten sozialen Medien. Und gesprochen wird darüber oft in einer Sprache, die verallgemeinert und viele Details und Wahrheiten ausspart – etwa in routiniertem „Politikersprech“ oder sogar in respektloser und pauschaler „hate speech“.

Warum ist das so? Debatten in der politischen Öffentlichkeit richten sich immer an ein Publikum, wie schon in den 1960er Jahren vom Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas beschrieben. Deshalb sind moderne repräsentative Demokratien fast automatisch Zuschauerdemokratien voller Menschen, die anderen dabei zusehen und zuhören, wie diese stellvertretend für sie über Politik diskutieren.

Wer sich umgekehrt selbst in öffentliche Debatten über Politik einmischen will, muss daher fast zwangsläufig vom stillen Zuschauer zum Lautsprecher werden: Demonstrationen organisieren, Forderungen stellen, in traditionellen oder sozialen Medien wirkungsvoll auf sich aufmerksam machen. Und das schafft nur, wer seine Botschaften möglichst einfach und plakativ formuliert. Ein besonnenes Abwägen und gemeinsames Nachdenken in öffentlichen Debatten vor Publikum gibt es daher fast nicht. 

Die politische Öffentlichkeit in unserer Demokratie ist deshalb nicht selten ein lauter und ungemütlicher Ort, an dem es reichlich ruppig zugehen kann. Wer nicht redegewandt, schlagfertig, ja abgebrüht genug ist, dort zu bestehen, wird daher nicht lange oder überhaupt niemals mitdiskutieren. Solche Menschen sind darauf angewiesen, dass andere sie in politischen Debatten vertreten. Je vielfältiger aber eine Gesellschaft wird, desto weniger können das die politischen Parteien mit ihren gewählten Repräsentanten leisten. Nur ein winziger Prozentsatz der deutschen Bevölkerung ist heute noch Mitglied einer Partei – und immer weniger Menschen fühlen sich an eine gebunden.

Viele fragen sich: Kommen meine Anliegen in der öffentlichen Diskussion über Politik überhaupt noch zur Sprache? Werden meine Interessen jemals wirklich berücksichtigt? Haben sie in der Politik überhaupt noch eine Stimme und einen Platz?

EINE ANTWORT: HÄUSER DER DEMOKRATIE

Weil repräsentative Demokratien also fast automatisch zu Zuschauerdemokratien werden, in denen wenige für viele sprechen sollen, was aber längst nicht immer gut gelingt, brauchen solche Demokratien zusätzliche Orte der Begegnung, Kommunikation und Diskussion über Politik für alle Bürgerinnen und Bürger.

Den Parlamenten und Stadträten sollten deshalb Häuser der Demokratie gegenübergestellt werden. Diese könnten Orte der alltäglichen Begegnung sein, der Information und Diskussion über Politik, der Aktion und der Interaktion.

Ein Haus der Demokratie könnte und sollte in jeder größeren Gemeinde entstehen und mit einer prägnanten, futuristischen und offenen Architektur an einem zentralen Platz zur Begegnung und zum gemeinsamen Austausch einladen: Ein Ort, offen für unterschiedlichste Menschen, Themen und Anliegen. Ein inklusiver Ort, der so barrierefrei wie möglich Menschen empfängt.

An einem solchen Ort können Diskussionen über Politik stattfinden, die grundsätzlich anders sind, als die hitzigen Debatten vor Publikum, die wir alltäglich erleben. Hier hätten Menschen die Möglichkeit, in persönlichen Gesprächen und gemeinsamen praktischen Projekten aufeinander zuzugehen, auf eine gute Art miteinander zu streiten, aber vor allem auf unterschiedlichste Weisen voneinander zu lernen.

Ein solches Haus der Demokratie sollte darum vielfältige Räumlichkeiten und Nutzungsmöglichkeiten bieten. Es kann durch Stiftungen, Crowd-Funding oder durch den Staat und die Kommunen finanziert werden. Gehören sollte es aber einzig und allein der Demokratie und den Menschen, die sie formen.

Häuser der Demokratie sollten über kurz oder lang in jeder größeren Kommune entstehen. Für die Hauptstadt Berlin schlagen wir ein bundesweites Leuchtturmprojekt im Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof vor. Dort könnten zahlreiche bereits bestehende und neue Initiativen und Organisationen an einem innovativ gestalteten und inspirierenden Ort der Demokratie ein kreatives und vor allem menschliches Gesicht geben.

Darüber hinaus suchen wir mit unterschiedlichen Kommunen und potenziellen Unterstützern das Gespräch, um an anderen Orten möglichst bald Häuser für eine Demokratie mit Zukunft zu errichten. Ansprechpartner für das Projekt ist Günther Hohn.